Medienmitteilung vom 27. Juni 2012
Geschützte Tierarten sollen neu geschossen werden können, wenn sie zu viele jagdbare Tiere fressen und dadurch der Jagdertrag der Kantone zurückgeht. Der Schweizer Vogelschutz SVS/BirdLife Schweiz findet es bedenklich, dass mit der vom Bundesrat beschlossenen Revision der Jagdverordnung geschützte Arten zu Schädlingen gemacht werden. Begrüsst werden hingegen die Ruhezonen für Wildtiere, doch besteht die Gefahr, dass mit der gewählten „Kann-Formulierung“ deren Realisierung durch die Kantone stark verzögert wird. In der heute flächendeckend durch Erholungsbetrieb genutzten Schweiz sind Wildtierruhezonen wichtig und dringend.
Mit der starken Ausweitung der Eingriffsmöglichkeiten gegen geschützte Tierarten in der revidierten Jagdverordnung gibt der Bundesrat aus Sicht des Schweizer Vogelschutzes SVS/BirdLife Schweiz ein Signal in die total falsche Richtung. Er ermöglicht neu Abschüsse von geschützten Arten, wenn sie andere Wildtiere fressen und dadurch die Einnahmen aus dem Jagdregal zurückgehen. Doch Fressen und Gefressenwerden ist die Grundlage der Nahrungsnetze der Natur und darf nicht zum Wildschaden degradiert werden.
Die Biodiversität in der Schweiz ist bedroht und braucht nicht neue Eingriffsmöglichkeiten, wie sie nun gegen Luchs, Wolf und Biber geschaffen wurden, sondern verstärkten Schutz. Hier wurde bei der Revision der Jagdverordnung die Chance für echte Verbesserungen vertan. Der SVS/BirdLife Schweiz begrüsst die neuen Ruhezonen für Wildtiere, kritisiert aber die jetzt beschlossene „Kann-Formulierung“. Im Vernehmlassungsentwurf waren die Kantone noch verpflichtet worden, diese Ruhezonen zu schützen. Nun besteht die Gefahr, dass ihre Realisierung auf die lange Bank geschoben wird.
Vertan wurde auch die Chance, bisher noch jagdbare Arten, die auf der Roten Liste der gefährdeten Arten stehen, endlich zu schützen, vor allem die Waldschnepfe. Hingegen wurden der Schutz der Saatkrähe aufgehoben und mit der Verlängerung der Jagdzeit des Kormorans dessen Abschussmöglichkeiten in die Brutzeit hinein erweitert, obwohl letztes Jahr das Bundesverwaltungsgericht klar festgehalten hatte, dass die Berufsfischer nicht einmal im Bereich der grössten Kormoranbrutkolonie untragbare Schäden erleiden.
Insgesamt sind die Verschlechterungen gewichtig, die Verbesserungen aber ungenügend. Zudem sind in der Medienmitteilung des Bundes als Verbesserungen des Schutzes erwähnte Punkte rein textlicher Art: Das Rebhuhn ist seit über zwanzig Jahren geschützt, und bereits bisher gilt ein Bleischrotverbot in Flachwasserzonen und Feuchtgebieten.
Weitere Informationen
Werner Müller, SVS-Geschäftsführer, 079 448 80 36