Der Haussperling, Vogel des Jahres 2015 von BirdLife Schweiz, ist ein typischer Kulturfolger. Aufgrund seiner Nähe zum Menschen ist er ein gutes Abbild der Art und Weise, wie wir mit unserer Natur umgehen. Selbst der anpassungsfähige Hausspatz – wie der Haussperling auch genannt wird – ist in gewissen Gebieten der Schweiz um über 40 % in seinen Beständen zurückgegangen. Es fehlt ihm zunehmend an geeigneten Nistplätzen und an Insektennahrung für die Aufzucht der Jungen.
Szenen aus dem Leben des Haussperlings
Porträt
Einst verehrt, dann verfolgt
In der Antike wurde der Haussperling verehrt, der Gott Asklepios soll ihn gar heilig gesprochen haben. Allerdings änderte sich der Ruf des Haussperlings im Laufe der Zeit und er wurde als Schädling im Getreidebau angesehen. Dies gipfelte in China unter Mao Tse-tung darin, dass auf seinen Befehl hin annähernd 2 Milliarden Tiere getötet wurden, was eine Insektenplage zur Folge hatte. Die Bezeichnung "ein herziges Spätzli" zeigt dagegen die Verbundenheit der Menschen mit dem Hausspatz.
Links: Männchen, rechts: Weibchen
Ein unauffälliger Genosse
Der in den Farben eher unauffällige Haussperling erreicht eine Grösse von 14-15 cm. Der Körnerfresserschnabel ist beim Weibchen ganzjährig braun gefärbt, beim Männchen im Sommer schwarz. Das Männchen hat ein kontrastreicheres Gefieder mit dunkler Kehle, schwarzem Brustlatz und grauer Kopfplatte, wohingegen das Weibchen unscheinbar braun-beige gefärbt und fein gezeichnet ist. Jungvögel unterscheiden sich vom Weibchen lediglich durch den gelben Schnabelwinkel und ein etwas gelblicheres Federkleid. Der verwandte Feldsperling, bei dem beide Geschlechter gleich gefärbt sind, hat eine braune Kopfplatte und einen schwarzen Wangenfleck.
Weltenbummler
Ursprünglich in der Paläarktis beheimatet, ist der Haussperling heute bis auf wenige Ausnahmen auf der ganzen Welt anzutreffen. Er folgte dem Menschen auf seinen Reisen oder wurde absichtlich auf anderen Kontinenten eingebürgert. Als anpassungsfähiger Kulturfolger ist er überall dort anzutreffen, wo er Nist- und Nahrungsmöglichkeiten vorfindet. Optimale Lebensräume sind Dörfer, Vorstadtbezirke, Gartenstädte oder Stadtzentren mit grossen Parkanlagen. Der Haussperling ernährt sich vorwiegend vegetarisch (Samen von Wildpflanzen, Getreide, Beeren, Früchte, usw.). Nur zu einem Drittel besteht seine Nahrung u.a. aus Blattläusen, Spinnen und Faltern. Während der Fortpflanzungszeit steigt der Anteil an Insekten, da die Jungvögel proteinreiches Futter benötigen.
Ein grosser Latz imponiert
In unseren Breitengraden ist der Haussperling praktisch ein reiner Höhlenbrüter. Er nistet – oft kolonieweise – in Nischen und Höhlen an Gebäuden, in Nestern von Schwalben oder Nistkästen. Männchen werben intensiv um Weibchen. Diese bevorzugen Partner mit einem grossen Brustlatz.
In einer Kolonie sind die Nester in der Regel mindestens 50 cm voneinander entfernt, da sich die Paare ansonsten gegenseitig durch ständiges Balzen, Inspizieren der Nester und Stehlen von Nistmaterial stören. Der Haussperling kann bis zu drei Jahresbruten aufziehen, die Gelege enthalten 4-6 Eier.
Wohnungsnot beim Haussperling
Die moderne Bauweise bietet kaum noch geeignete Nistplätze, und bei Renovationen von alten Häusern werden Nischen verschlossen. Der Haussperling gerät zunehmend in Wohnungsnot. Auch die Aus-senraumgestaltung bietet mit immer mehr versiegelten Flächen und vielen exotischen Pflanzen deutlich weniger Nahrung in Form von Insekten und Sämereien. Dies führt dazu, dass die Bestände des Haussperlings in vielen europäischen Ländern abnehmen. In England musste die Art sogar in die Rote Liste der gefährdeten Vogelarten aufgenommen werden. In der Schweiz sind die Bestände gebietsweise seit 1980 um 20 bis 40% zurückgegangen.
Botschafter für mehr Natur im Siedlungsraum
Mit einfachen Massnahmen kann dem Hausspatz geholfen werden. Wichtig ist es, bei Renovationen die Einschlupflöcher und Brutnischen zu erhalten oder durch Nisthilfen zu ersetzen. Auch an neuen Gebäuden können Nistmöglichkeiten integriert werden. Begrünte Wände dienen als Nist- und Schlafplätze. Mit Blumenwiesen und einheimischen Büschen und Sträuchern kann das Nahrungsangebot in Form von Sämereien und Insekten in Gärten und öffentlichen Räumen wieder erhöht werden. Auf Pflanzenschutzmittel und andere Gifte sollte verzichtet werden. Von diesen Massnahmen profitiert nicht nur der Haussperling, sondern allgemein die Biodiversität im Siedlungsraum.
So können Sie helfen
- Sorgen Sie für mehr Natur im Siedlungsraum, zum Beispiel in Ihrem Garten oder rund um Ihr Haus. Zahlreiche Ideen finden Sie hier.
- Bieten Sie Brutnischen an oder hängen Sie Nistkästen auf. Für Sperlinge geeignet sind Kästen für Höhlenbrüter. Merkblatt/Bauanleitung
Materialien
Arbeitsdossier zum Haussperling |
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Bilder: BirdLife Schweiz, Mathias Schäf, Michael Gerber, Brigitte Wolf