Europaweit gefährdeter Vogel brütet wieder im Grossen Moos

Medienmitteilung von BirdLife Schweiz vom 26.8.2015

BirdLife Schweiz und die Anstalten Bellechasse fördern seltene Vogelarten

Europaweit gefährdeter Vogel brütet wieder im Grossen Moos

Der Kiebitz ist in der Schweiz vom Aussterben bedroht und auch gemäss europäischer Roter Liste potenziell gefährdet. Vor allem die Intensivierung der Landwirtschaft macht der Art Probleme. Im Grossen Moos haben BirdLife Schweiz, die Anstalten Bellechasse und weitere Partner mit gezielten Massnahmen die Brutbedingungen für den Kiebitz verbessert. Mit Erfolg: Erstmals seit etwa 15 Jahren haben Kiebitze im Grossen Moos wieder erfolgreich Junge aufgezogen. Mindestens 3 Jungvögel sind flügge geworden. Dies könnte der Beginn der Wiederbesiedlung des Grossen Mooses sein, wo um 1970 noch etwa 170 Kiebitzpaare brüteten.

Opfer der intensiven Landwirtschaft

Ursprünglich brütete der Kiebitz in Flussauen, Feuchtgebieten und Riedwiesen. Die Flüsse wurden insbesondere im 19. Jahrhundert begradigt und Riedgebiete trockengelegt, um sie landwirtschaftlich nutzbar zu machen. Dies führte zu einem Rückgang der Kiebitzbestände, dessen Ausmass jedoch kaum dokumentiert ist. Mitte des 20. Jahrhunderts ergab sich eine überraschende Wende: Die Kiebitze begannen, auf Äckern zu brüten, und damit nahmen ihre Bestände wieder zu, bis um 1970 ca. 700 Kiebitzpaare in der Schweiz brüteten. Doch die Intensivierung der Landwirtschaft stellte die Vögel erneut vor Probleme. In den letzten Jahren brüteten nur noch 120-150 Paare in unserem Land.

Landwirtschaft und Naturschutz unterstützen die Kiebitze

Im Grossen Moos zwischen Bieler- und Murtensee versuchten zwei Kiebitzpaare bereits 2014 wieder zu brüten – leider erfolglos. Im Frühling 2015 versammelten sich 8 Vögel auf einem unbestellten Acker der Anstalten Bellechasse. Diese willigten ein, den Mais auf diesem Acker erst später einzusäen. BirdLife Schweiz und die Anstalten Bellechasse stellten einen Elektrozaun auf, um die neue Kiebitzkolonie vor Füchsen, streunenden Hunden und Katzen zu schützen. Der Zaun verhindert zudem, dass versehentlich mit einer landwirtschaftlichen Maschine über ein Kiebitznest gefahren wird.

Verlauf der Brutsaison im Grossen Moos

Die bereitgestellten Lebensräume schienen den schwarz-weissen Vögeln mit der langen Holle zu gefallen: Es gesellten sich weitere Vögel zu den ersten 8, und am Ende brüteten 12 Kiebitzpaare im Grossen Moos, 10 davon auf der Parzelle, auf welcher der BirdLife Schweiz und die Anstalten Bellechasse die Schutzmassnahmen umgesetzt haben. Mindestens 7 Paare brachten ihre Eier zum Schlüpfen, insgesamt rannten wohl etwa 20 Jungvögel herum. Allerdings können die Jungvögel in der rasch aufwachsenden Vegetation kaum mehr gezählt werden, und deshalb ist nicht genau bekannt, wie viele Jungvögel flügge wurden. Mindestens drei Jungvögel haben das flugfähige Alter erreicht – wahrscheinlich mehr. Das ist ein wichtiger Erfolg: Seit der Jahrtausenwende sind im Grossen Moos keine jungen Kiebitze mehr aufgekommen.

Werden die Jungvögel nächsten Frühling ins Grosse Moos zurückkehren?

Einst brüteten im Grossen Moos 170 Kiebitzpaare, möglicherweise auch mehr. Dies unterstreicht das grosse Potenzial dieser Region für den Kiebitz. Aber auch für andere gefährdete Vogelarten hat das Grosse Moos eine herausragende Bedeutung – deshalb wurde es als Important Bird and Biodiversity Area IBA ausgeschieden. BirdLife Schweiz hofft sehr, dass die Kiebitze nächstes Jahr zurückkehren und wiederum mit gezielten Massnahmen gefördert werden können. Eine Kiebitzkolonie im Grossen Moos wäre ein wichtiger Beitrag, um das Überleben dieser Art in der Schweiz zu sichern und allenfalls auch eine Wiederbesiedlung der Romandie zu ermöglichen.
     

Schutzprojekt für den Kiebitz im Seeland

Der BirdLife Schweiz, der Berner Vogelschutz BVS, die Berner Ala, die IBA-Gruppe Grosses Moos, die Stiftung Biotopverbund Grosses Moos sowie die Natur- und Vogelschutzvereine von Biel, Kerzers, Laupen, Münchenbuchsee und Umgebung sowie Wohlen führen im Grossen Moos ein Projekt zugunsten des Kiebitzes und weiterer gefährdeter Vogelarten durch.

Die Förderung dieser seltenen Arten wird in enger Zusammenarbeit mit den Vernetzungsprojekten im Grossen Moos verwirklicht. In diesem Rahmen wird der Kanton Freiburg das Hinauszögern einer Maisansaat auf Parzellen mit Kiebitzbruten abgelten können, das die Anstalten Bellechasse 2015 unentgeltlich gemacht haben. Mit weiteren Massnahmen wie extensiven Wiesen, gestaffelter Mahd, Säumen auf Ackerland und anderen ökologisch wertvollen Elementen soll das Nahrungsangebot verbessert werden. Von denselben Massnahmen profitieren auch andere gefährdete Arten im Grossen Moos.

 

BirdLife Schweiz in Kürze

BirdLife Schweiz hat 65'000 Mitglieder und ist der Dachverband von 20 Kantonalverbänden und 450 lokalen Natur- und Vogelschutzvereinen. Er setzt sich als vielseitiger Naturschutzverband für die Erhaltung und Förderung der Natur im Wald, Kulturland und Siedlungsraum ein, insbesondere auch für die Vögel und ihre Lebensräume. Er führt Projekte zum Schutz gefährdeter Arten und Lebensräume in der Schweiz und weltweit durch. Ebenso engagiert er sich in der Ausbildung und mit seiner Zeitschrift Ornis und den beiden Naturschutzzentren in La Sauge am Neuenburgersee und im Neeracherried im Kanton Zürich in der Motivation einer breiten Bevölkerung für den Naturschutz. Mehr erfahren Sie unter www.birdlife.ch.

 


Bilder

Kiebitzweibchen hudert seine wenige Tage alten Küken.

© Thorsten Krüger

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Dank verschiedenen Massnahmen wurde es möglich, dass auf diesem Acker wieder Kiebitze brüten

© Stephan Strebel

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Die Kiebitznester werden mit Tafeln markiert, damit sie nicht vom Traktor überfahren werden.

© Stephan Strebel

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Weitere Auskünfte

Dr. Raffael Ayé, Programmleiter Artenförderung, BirdLife Schweiz, Tel. 044 457 70 28