Ständerat will übertriebene Nationalratsmotion kippen

Medienmitteilung des Schweizer Vogelschutzes SVS/BirdLife Schweiz vom 10. März 2010

Der Ständerat hat heute eine frühere Motion des Nationalrats bezüglich Kormoran abgeändert. Er hat das Thema eingegrenzt auf die Frage von Schäden an Fanggeräten der Berufsfischer. Der Schweizer Vogelschutz SVS/BirdLife Schweiz begrüsst die Tatsache, dass damit die unbedachte Motion des Nationalrats vermutlich vom Tisch ist. Es ist nicht statthaft, eine einzelne Vogelart zum Sündenbock für den dramatischen Zustand unserer Gewässer zu stempeln.
 
Wie vom Nationalrat bereits beschlossen und von den Naturschutzverbänden nicht bekämpft, soll die Schonzeit des Kormorans um einen Monat verkürzt werden. Zudem sollen Abschüsse an den Netzen der Berufsfischer erleichtert werden – auch hier hat der Naturschutz nicht opponiert. Für eine Massnahme, die den Berufsfischern etwas bringen würde, hatte der Ständerat allerdings kein Musikgehör: Allfällige Schäden von Kormoranen an den Berufsfischernetzen sollen nicht entschädigt werden. Stattdessen soll es eine Vollzugshilfe des BAFU zu möglichen Eingriffen geben. Papier im Bundeshaus und bei den Kantonen sowie Gipseier in Kormorannestern statt Finanzen – ist das wirklich das, was den Berufsfischern hilft?

Kormoran kein ökologisches Problem

Dass der Ständerat das Problem auf die Berufsfischer eingegrenzt hat, entspricht den Fakten. Denn entgegen immer wieder kolportierter Geschichten von Stammtischen ist der Kormoran kein ökologisches Problem, und er gefährdet keinerlei bedrohte Fischarten. Alle Brutkolonien des Kormorans liegen an Seen. Die Fischerträge sowohl der Berufs- wie auch der Anglerfischer an den Seen sind in den letzten Jahren nicht etwa zurückgegangen, sondern gestiegen (Beilage: BAFU-Statistik).

Es geht demnach bei der Frage Kormoran und Fische darum, Schäden an Berufsfischernetzen zu vermindern. Es wäre im übrigen falsch, diese allein dem Kormoran anzulasten, zeigt doch eine neue Studie der Fachhochschule ZHAW, dass im Sommer annähernd gleich viele Fische von Raubfischen in Fischernetzen verletzt werden wie vom Kormoran.

In der Ständeratsdebatte liess sich Bundesrat Leuenberger wohlweislich durch die Aufforderung eines Votanten nicht aufs Glatteis führen, sich auf eine bestimmte Maximalzahl von Kormoran-Brutpaaren in der Schweiz festzulegen. Denn das würde dem eidgenössischen Jagdgesetz widersprechen. Einheimische Arten – und dazu gehört der Kormoran unzweifelhaft – können sich grundsätzlich frei entwickeln. Höchstens regional kann eingegriffen werden.

Maximale Bestandsobergrenzen für die Schweiz gibt es für keine der rund 40'000 Tierarten unseres Landes. Zudem sind auch jagdbare Arten wie der Kormoran während der Brutzeit geschützt. Beide Fragen wurden von einzelnen Votanten angesprochen, fanden aber keinen Eingang in die Motion. Entscheidende Einschnitte in den Schutz der wildlebenden Tiere könnten ohnehin höchstens mit einer Gesetzesänderung umgesetzt werden, gegen welche ein Referendum möglich wäre, und nicht mit Einzelvoten im Parlament.

Hintergrund-Information zu den Fangstatistiken des BAFU

Quelle: http://www.bafu.admin.ch