Keine weiteren Massnahmen gegen Fischfresser!

Medienmitteilung des Schweizer Vogelschutzes SVS/BirdLife Schweiz vom 9. Mai 2009

Der Schweizer Vogelschutz SVS/BirdLife Schweiz ist besorgt darüber, dass der Bundesrat die Umsetzung der SVS-Petition «Für Naturschutz – gegen Eigennutz» seit einem halben Jahr blockiert. Denn noch immer sind die Pläne für zusätzliche Eingriffe gegen fischfressende Vögel und damit eine Aufweichung der heutigen Regelungen nicht vom Tisch. Dies obwohl klar ist, dass die Fischfresser nicht für den Fischrückgang verantwortlich sind und neuste Zahlen zeigen, dass ihre Bestände kaum mehr anwachsen.
 
Seine breit abgestützte Petition «Für Naturschutz – gegen Eigennutz» reichte der Schweizer Vogelschutz im vergangenen Oktober ein mit 26‘523 Unterschriften aus allen Landesteilen. Seither sind die Anliegen der Vogelschutz-Petition beim Bundesrat pendent. Noch immer hat die Landesregierung frühere Pläne für zusätzliche Eingriffe gegen Fischfresser und andere Beutegreifer nicht endgültig aufgegeben.

Zu den fischfressenden Vogelarten gehören Graureiher, Gänsesäger und Kormoran. Ihre Bestände im Winter sind seit vielen Jahren konstant. Während der Brutsaison ist der Bestand des Graureihers ebenfalls konstant, jener des Gänsesägers schwankt recht stark. Der Kormoran hat erst 2001 in der Schweiz zu brüten begonnen. Zu Beginn war sein Brutbestand von einer deutlichen Dynamik geprägt, jetzt scheint in den älteren Brutkolonien die Kapazitätsgrenze bald erreicht. Die Kormoran-Brutkolonie am Fanel nahm von 2007 auf 2008 noch um 4 Prozent (10 Paare) zu. Von den 8 Schweizer Brutvorkommen 2008 sind zudem dieses Jahr 2 nicht mehr besetzt.

Verschlechterte Lebensräume der Fische
Trotz diesen klaren Fakten werden Fischfresser fälschlicherweise immer wieder für die Abnahme von bedrohten Fischbeständen verantwortlich gemacht. Tatsache ist aber, dass keine gefährdete Fischart durch Vögel bedroht ist. Verantwortlich für den Rückgang sind verschlechterte Lebensräume. Dennoch hat der SVS eingewilligt, dass als Vorsichtsmassnahme der jagdbare Kormoran an Fliessgewässern mit bedrohten Äschenbeständen verscheucht und nötigenfalls abgeschossen werden kann. Jährlich werden so in der Schweiz über 1'000 Kormorane getötet.

Alle Fliessgewässer sind denn auch Eingriffsgebiete gemäss dem gemeinsam vereinbarten Kormoranplan 2005 des Bundes, der Kantone, des Schweizerischen Fischerei-Verbandes SFV und des Schweizer Vogelschutzes SVS/BirdLife Schweiz. Sollte bei den geschützten Arten Graureiher und Gänsesäger jemals ein Problem auftreten, können die Kantone bereits heute im Rahmen des Jagdgesetzes Mass-nahmen ergreifen oder beim Bund eine Bewilligung beantragen.

Zunahme der Fänge der Neuenburger Fischer
Dennoch gibt es immer wieder Stimmen, die verlangen, dass zusätzliche Eingriffsmöglichkeiten geschaffen werden. Häufig wird dabei zwar mit Artenschutz argumentiert, doch geht es bei diesen Forderungen an Seen meist um eine vermutete Nutzungskonkurrenz zwischen Anglern und Fischern auf der einen Seite und Vögeln auf der anderen Seite. Eine solche Konkurrenz gibt es aber generell nicht. Am immer wieder ins Feld geführten Neuenburgersee haben seit der Brutansiedlung des Kormorans 2001 die Fänge der Berufsfischer und Angler bei den zwei von ihnen besonders geschätzten Arten Felchen und Seeforelle nicht etwa abgenommen, son-dern zugenommen. Das zeigen die Fangstatistiken der Kantone Waadt, Neuenburg und Freiburg deutlich.

Der Schweizer Vogelschutz SVS/BirdLife Schweiz fordert deshalb vom Bundesrat, keine zusätzlichen Eingriffsmöglichkeiten gegen fischfressende Vogelarten zuzu-lassen. Diese Forderung wird unterstützt von 26'523 Personen aus der ganzen Bevölkerung, welche die Vogelschutz-Petition «Für Naturschutz – gegen Eigennutz» unterschrieben haben. Zum Vergleich: Eine Petition des Schweizerischen Fischerei-Verbandes, welche mehr Eingriffe verlangt, hat trotz deutlich längerer Laufzeit nur gerade 11'200 Unterschriften auf sich vereinigt.

Doch die Anliegen der Vogelschutz-Petition sind seit einem halben Jahr beim Bundesrat pendent. Noch immer hat er nicht entschieden, auf zusätzliche Eingriffsmöglichkeiten gegen Kormorankolonien – notabene in den besten Naturschutzgebieten des Landes, die auch zu den international bedeutenden Wasservogelschutzgebieten zählen – endlich definitiv zu verzichten. Der SVS ist deshalb erneut an den Bundesrat gelangt und fordert, dass dieser die von einem grossen Teil der Bevölkerung unterstützten Vogelschutzanliegen endlich berücksichtigt.