Biodiversitätskonvention: den grossen Worten müssen endlich Taten folgen

Medienmitteilung vom 13. März 2022

Ab Montag, 14. März 2022, werden in Genf mehrere Arbeitsgruppen und Gremien der internationalen Biodiversitätskonvention während zwei Wochen das weltweite Biodiversitätsabkommen 2030 vorbereiten. Beteiligt sind Vertreterinnen und Vertreter der Wissenschaft, indigener Völker, der NGOs und von Behörden der Vertragsstaaten. BirdLife Schweiz nimmt als Beobachterorganisation an den Gesprächen teil. Zur Diskussion stehen vier Oberziele und 21 Aktions-Ziele sowie Indikatoren und die Umsetzung. Von besonderer Bedeutung sind dabei das Ziel "30-by-30", die Wiederherstellung von Ökosystemen, die indirekten Treiber des Biodiversitätsverlustes, die Frage der wirksamen Umsetzung und der Finanzen.

"30-by-30" umschreibt das Ziel, bis 2030 30 % der globalen Land- und Meeresflächen in Form von Naturschutzgebieten oder mit anderen wirksamen flächen-basierten Massnahmen (englisches Kürzel: OECM) langfristig zu sichern und zu erhalten. Zu den OECM gehörten u. a. auch die jahrhundertelange Nutzung wertvoller Gebiete durch indigene Völker. Was zu den OECM gehört, wurde ab 2010 erarbeitet, als der Begriff in Nagoya in den Aichi-Zielen weltweite Aufmerksamkeit erhielt. Heute gibt es einen breit abgestützten Fachbericht dazu.

Die Schweiz ist Mitglied der sogenannten "High-Ambition-Coalition" und unterstützt auf internationaler Ebene das "30-by-30"-Ziel. Auf nationaler Ebene jedoch verwässert die offizielle Schweiz dasselbe Ziel durch zögerliche Massnahmen und eine unhaltbare Anrechnungspraxis.

Bereits 2012 erkannte der Bundesrat in der Strategie Biodiversität Schweiz, dass der tiefe Anteil an Naturschutzgebieten in der Schweiz bei weitem nicht ausreicht, um die Biodiversität zu erhalten. Er beschloss deshalb den Aufbau der Ökologischen Infrastruktur und hob hervor, dass eine "Ergänzung und Aufwertung des Schweizer Schutzgebietssystems nötig" ist. Der Bundesrat war sich schon damals bewusst, dass ein Teil der Schweizer Schutzgebiete die internationalen Anforderungen noch nicht erfüllt: "Der Schutz in bereits bestehenden Schutzgebietsflächen mit eher schwachen Anforderungen beim Schutz der Biodiversität (wie z.B. Jagdbanngebiete, Wasser- und Zugvogelreservate) sollte ausgeweitet werden."

Seither sind 10 Jahre ins Land gezogen. "Die Schweiz hat nur in sehr geringem Umfang neue Schutzgebiete erhalten", sagt Raffael Ayé, Geschäftsführer von BirdLife Schweiz. "Die vom Bundesrat 2012 geforderten Verbesserungen von Jagdbanngebieten und Wasser- und Zugvogelreservaten wurden noch nicht an die Hand genommen." Wenn die Kriterien gemäss oben zitiertem Fachbericht konsequent angewendet werden, so verfügt die Schweiz über rund 6 % Schutzgebiete und OECM gemäss 30-by-30. Daran hat sich seit 2012 kaum etwas geändert. Geändert hat hingegen die Flächen-Buchhaltung des Bundes: mit grosszügiger Anrechnungspraxis kommt der Bund neu auf eine Zahl von 13.4 % Schutzgebiete.

"Beeinträchtigten Ökosystemen und gefährdeten Arten nützt ein buchhalterischer Anpassung jedoch nichts", betont Raffael Ayé. "Eigentlich besteht die schonungslose Situationsanalyse schon länger – jetzt braucht es ein echtes Commitment zum qualitativen und quantitativen Ausbau der Schutzgebiete. Denn nur intakte, resiliente Ökosysteme mit hoher Artenvielfalt können die Biodiversität und damit die überaus wichtigen Ökosystemleistungen langfristig sichern."
 

BirdLife Schweiz: gemeinsam für die Biodiversität – lokal bis weltweit

BirdLife Schweiz engagiert sich mit Herzblut für die Natur. Mit 68'000 Mitgliedern, 450 lokalen Sektionen und Kantonalverbänden sowie den weltweiten BirdLife-Partnern ist BirdLife Schweiz Teil des weltweit grössten Naturschutz-Netzwerks, BirdLife International – in der Gemeinde verwurzelt, weltweit wirksam.

Gemeinsam mit unseren Mitgliedern setzen wir uns für die Biodiversität ein. Wir führen zahlreiche Schutzprojekte für gefährdete Arten und ihre Lebensräume durch, vom Steinkauz über den Eisvogel bis zur Ökologischen Infrastruktur. Mit den BirdLife-Naturzentren, der Zeitschrift Ornis und vielfältigen BirdLife-Kursen machen wir die Natur hautnah erlebbar und motivieren zu ihrem Schutz.

Gemeinsam mit Ihnen? Erfahren Sie mehr und werden Sie Teil des BirdLife-Netzwerks: birdlife.ch. BirdLife Schweiz dankt für Ihr Interesse und Ihre Unterstützung.

 


Für weitere Auskünfte

Raffael Ayé, Geschäftsführer BirdLife Schweiz, raffael.aye@birdlife.ch, Tel. 076 308 66 84‬