Die Schweiz braucht dringend einen Gegenvorschlag zur Biodiversitätsinitiative!

Position von BirdLife Schweiz – Dezember 2023

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Anfangs November haben Axel Hochkirch et al. in der renommierten Zeitschrift Plos One eine Studie zum Zustand der Artenvielfalt in Europa veröffentlicht: Rund 20 % aller Arten sind gemäss internationalen Rote-Liste-Kriterien in Europa gefährdet. Anhand neuer Datensätze extrapolieren die Studienautoren, dass weltweit rund zwei Millionen Arten vom Aussterben bedroht sein dürften. Das wären doppelt so viele wie die bisherige Schätzung durch den internationalen Biodiversitätsrat IPBES. Mit so vielen gefährdeten Arten ist auch das Funktionieren und langfristige Überleben der Ökosysteme bedroht. Das gefährdet unsere Lebensgrundlagen!

In der Schweiz ist der Anteil gefährdeter Arten noch höher: 35 % der Arten und fast die Hälfte der Lebensräume sind hierzulande gefährdet. Obwohl ein direkter Vergleich von nationalen und kontinentweiten Roten Listen nicht möglich ist, deutet dies stark darauf hin, dass die Situation in der Schweiz noch dramatischer ist als anderswo. Zahlreiche andere Studien haben gezeigt, dass der Zustand der Biodiversität bei uns tatsächlich noch schlechter ist als in anderen europäischen Ländern. Der Handlungsbedarf ist somit riesig!

Im Dezember hat der Ständerat in der Wintersession die letzte Chance, einen Gegenvorschlag zur Biodiversitäts­initiative zu verabschieden und die Differenzen mit dem Nationalrat zu bereinigen. Auf dem Tisch liegt ein abge­­schwächter Kompromiss, der alle in der Sommersession im Ständerat genannten Kritikpunkte aufnimmt. Insbesondere sind in der Vorlage keine neuen Bestimmungen für die Landwirtschaft und keine neuen Schutzflächen (weder landwirtschaftliche noch andere Flächen) enthalten.

 

«35 % der Arten und fast die Hälfte der Lebensräume sind hierzulande gefährdet.»

 

Mit der Verbesserung der Qualität der bestehenden Schutzgebiete, der Vernetzung sowie der Biodiversität im Siedlungsraum sieht der Gegenvorschlag dennoch wichtige Fortschritte gegenüber der Situation heute vor. Initiativkomitee und Trägerverein haben deshalb den Rückzug der Initiative angekündigt, wenn der Gegenvorschlag in dieser Form verabschiedet wird.

Es fällt auf, dass der Gegenvorschlag die gleichen Elemente enthält, die Doris Leuthard bzw. der Bundesrat bereits 2012 in der Strategie Biodiversität Schweiz als Elemente einer möglichen Gesetzesrevision ankündigten. Es handelt sich also eigentlich um Reformschritte, deren Notwendigkeit in Politik und Verwaltung bereits vor über zehn Jahren erkannt wurde. Es wäre völlig unverständlich, wenn sich der Ständerat angesichts des überdeutlichen Handlungsbedarfs gegen diesen gutschweizerischen Kompromiss stellen würde!