BirdLife-Position: Nach Nein an Urne: Handlungsbedarf für Biodiversität klarer denn je!

Herzlichen Dank allen engagierten Freiwilligen in den BirdLife-Sektionen und -Kantonalverbänden, den Teams von BirdLife, Pro Natura, der Initiativ-Geschäftsstelle und der Partner! Ohne den riesigen, gemeinsamen Einsatz so vieler Personen wäre diese gute, faktenbasierte Abstimmungskampagne niemals möglich gewesen. Dankeschön!

Obwohl die Initiative abgelehnt wurde, ist die Abstimmungskampagne ein Erfolg, denn noch nie zuvor wurde die Schweizer Bevölkerung so stark für die Biodiversitätskrise sensibilisiert.

Der Bundesrat und die Initiativ-Gegner wurden nicht müde zu betonen, wie wichtig auch ihnen die Biodiversität als unsere Lebensgrundlage ist. Und sie haben an beinahe jeder Veranstaltung, in jedem Medienkommentar hervorgehoben, dass sie beim Schutz der Biodiversität unabhängig von der Initiative Fortschritte machen wollen. Alle waren sich des unschätzbaren Werts einer intakten Natur und Artenvielfalt für fruchtbare Böden, sauberes Wasser, Bestäubung und für die Abfederung des Klimawandels sehr bewusst. Über die Bedeutung der Biodiversität herrschte bemerkenswerte Einigkeit.

Dass der Zustand der Biodiversität in der Schweiz schlecht und besorgnis­erregend ist, ist wissenschaftlicher Konsens. Ein Drittel der einheimischen Arten und die Hälfte der natürlichen Lebensräume sind in unserem Land gemäss den international standardisierten, quantitativen Rote-Liste-Kriterien gefährdet. Daran kann ein Gefälligkeitsgutachten eines einzelnen Biologen im Auftrag des Bauernverbands nichts ändern, auch wenn es in manchen Medien viel Aufmerksamkeit erhielt. Über 380 Forscherinnen und Forscher aller Universitäten und Forschungs­institute, die im Themenfeld in der Schweiz Rang und Namen haben, entschieden sich zu einer öffentlichen Stellungnahme. Sie sagen klar, dass Zustand und Entwicklung der Biodiversität in der Schweiz besorgniserregend sind. Diese Stellungnahme der Wissenschaft zur Naturschutzpolitik bzw. zu den dahinter liegenden Fakten ist in der Schweiz bisher absolut einzigartig. Die Stimme der Wissenschaft ist auch in Zukunft sehr wichtig, denn ein derart essenzielles Thema wie die Biodiversität muss faktenbasiert angegangen werden.

 

«Über 70 % der Bevölkerung sagen laut einer gfs-SRG-Umfrage, dass die Folgen der Zerstörung der Natur für Gesundheit, Wirtschaft und zukünftige Generationen gravierend sind.»

Raffael Ayé, Geschäftsführer BirdLife Schweiz

 

Alle anerkennen die grosse Bedeutung der Biodiversität, die Wissenschaft zeigt ihre starke Bedrohung eindeutig. Warum hat es am 22. September trotzdem nicht zu einem Ja gereicht? Um die Frage zu beantworten, ist eine weitere Zahl wichtig: Über 70 % der Bevölkerung sagen laut gfs-SRG-Umfrage, dass die Folgen der Zerstörung der Natur für Gesundheit, Wirtschaft und zukünftige Generationen gravierend sind. Das Problem ist also auch in der Stimmbevölkerung breit anerkannt. Bundesrat und Initiativ-Gegnerinnen und -Gegner konnten die Stimmbevölkerung jedoch überzeugen, dass die Biodiversität zukünftig auch ohne Ja zur Initiative wirksam geschützt und gefördert werden wird. Nur so lässt sich die grosse Differenz zwischen den über 70 %, die sich grosse Sorgen betreffend Biodiversität machen, und den Ja-Stimmen an der Urne erklären. Damit stehen Bundesrat und Parlament in der Pflicht, die Versprechen einzuhalten und die Bio­diversität auf Grundlage der heutigen Gesetze zu erhalten und wirksam zu fördern.

Der Geschäftsführer Dr. Raffael Ayé fasst hier die Haltung von BirdLife Schweiz zu politischen Fragen zusammen.