BirdLife Schweiz und die Estnische Gesellschaft in der Schweiz fördern Vögel

Medienmitteilung von BirdLife Schweiz und der Estnischen Gesellschaft in der Schweiz vom 17.03.2018

BirdLife Schweiz und die Estnische Gesellschaft in der Schweiz fördern die Völkerverständigung und gefährdete Vögel

100 Jahre Estland – 100 Nistkästen für seltene Vogelarten

Die Esten kennen das Schicksal bedrohter Spezies aus eigener Erfahrung. Zum 100-jährigen Jubiläum ihrer Unabhängigkeit spendieren sie deshalb 100 Nistkästen für seltene Arten. BirdLife Schweiz und verschiedene Partner haben in den letzten 20 Jahren Lebensräume für Obstgartenvögel aufgewertet. Die 100 Nistkästen wurden nun gemeinsam mit Ficedula und drei Sektionen des Basellandschaftlichen Natur- und Vogelschutzverbands BNV in den aufgewerteten Lebensräumen in der Region Basel und im Tessin montiert.

Wendehals und Gartenrotschwanz sind Insektenfresser und Zugvögel. Der erste überwintert im Mittelmeerraum, der andere in der Sahelzone. Die fortwährende Überdüngung unserer Wiesen und der starke Insektenrückgang entziehen beiden Arten die Nahrungsgrundlage. Der Verlust an Bäumen, vor allem Hochstamm-Obstbäumen, in unserer Kulturlandschaft im Verlauf der letzten Jahrzehnte reduzierte ihren Lebensraum. In der Folge haben ihre Bestände stark abgenommen, und sie sind heute aus weiten Gebieten der Schweiz verschwunden. "Wir müssen davon ausgehen, dass der Insektenrückgang eines der Hauptprobleme für Wendehals und Gartenrotschwanz ist", sagt Raffael Ayé von BirdLife Schweiz.

BirdLife Schweiz und viele seiner Mitgliedsorganisationen engagieren sich deshalb seit über zwei Jahrzehnten für den Erhalt von Hochstamm-Obstgärten und für eine naturverträgliche Bewirtschaftung. Dabei arbeiten sie eng mit Landwirten zusammen. Obwohl das agrarpolitische Förderungs- und Direktzahlungssystem noch immer so ausgerichtet ist, dass eine industrialisierte Landwirtschaft finanziell attraktiver ist als die Förderung der Biodiversität, gibt es viele Landwirte, die sich engagieren. "Um Insekten wie Schmetterlinge, Wildbienen und weitere Arten zu fördern, säen wir artenreiche Blumenwiesen auf sogenannten Schürfflächen an", sagt Lukas Merkelbach, Projektleiter bei BirdLife Schweiz. "Wiesen mit so vielen Blumenarten haben heute leider Seltenheitswert."

Internationale und lokale Netzwerke zugunsten bedrohter Arten

"Das estnische Volk ist auch bedroht", erklärt lachend Mirjam Loertscher, Präsidentin der Estnischen Gesellschaft in der Schweiz EGS. Die 1,3 Millionen Esten mussten sich immer wieder fremder Einflüsse erwehren. Die rund 400 Estinnen und Esten in der Schweiz fühlen sich hier jedoch sehr gut aufgenommen. Zum Jubiläum der Unabhängigkeit Estlands möchten sie der Schweiz etwas zurückgeben und auch gefiederten bedrohten Völkchen helfen. So lancierte die Estnische Gesellschaft in der Schweiz EGS die Idee, 100 Nistkästen für seltene Vogelarten zu bauen. Da Nistkästen für seltene Arten ausserhalb der wenigen verbliebenen Lebensräume nutzlos wären, wandte sich die EGS an die Experten von BirdLife Schweiz.

Im Dreiländereck führt BirdLife Schweiz gemeinsam mit sechs Partnern aus allen drei Ländern ein Projekt zur ökologischen Aufwertung wichtiger Obstgärten durch. Im Tessin arbeiten BirdLife Schweiz und Ficedula zugunsten gefährdeter Vogelarten der Landwirtschaftszone. Beide Regionen sind aus gesamtschweizerischer Sicht Hochburgen für den Gartenrotschwanz und für den Wendehals. Wobei dies für den Wendehals im Dreiländereck in erster Linie für Südbaden gilt.

Aus der trinationalen Zusammenarbeit wurde also eine quadrinationale: Die Estnische Gesellschaft produzierte ein kleines Video. Über das estnische Fernsehen und neue Medien wurde das Projekt national und international bekannt gemacht. Innert kurzer Zeit waren Sponsoren für die 100 Nistkästen gefunden. In den letzten Wochen haben BirdLife Schweiz, die Natur- und Vogelschutzvereine Aesch, Arlesheim und Therwil sowie weitere engagierte NaturschützerInnen die Nistkästen aufgehängt. Wenn Wendehals und Gartenrotschwanz im April aus ihren Winterquartieren in die Schweiz zurückkehren, sollen die Nistkästen bezugsbereit sein. Bei diesen beiden recht seltenen Arten kann es aber ein paar Jahre Geduld brauchen, bis die ersten Nistkästen besiedelt werden.
  

Projekte für Wendehals und Gartenrotschwanz im Norden und im Süden der Schweiz:

Schutzprojekt für Obstgartenvögel im Dreiländereck

Seit 18 Jahren setzt sich BirdLife Schweiz zusammen mit der Ligue pour la Protection des Oiseaux LPO Alsace, dem Naturschutzbund NABU Südbaden, dem Basellandschaftlichen Natur- und Vogelschutzverband BNV, BirdLife Solothurn, BirdLife Aargau und der Ornithologischen Gesellschaft Basel OGB im Dreiländereck für arten- und strukturreiche Hochstamm-Obstgärten, Blumenwiesen und Rebberge ein. Seit Projektbeginn sind alleine in der Schweiz rund 40 Hektaren ökologisch aufgewertet und ca. 1000 Hochstamm-Bäume und noch viel mehr dornige Sträucher gepflanzt worden. Von den Massnahmen profitieren seltene Kulturlandarten wie Wendehals, Gartenrotschwanz, Wiedehopf, Steinkauz und Zaunammer.
Das Projekt wird von privaten Geldgebern, den Kantonen AG, BL, BS und SO, den Gemeinden Reinach, Riehen und Rodersdorf sowie vom Fonds Landschaft Schweiz FLS finanziert. Die privaten Geldgeber sind: Hermann und Elisabeth Walder-Bachmann Stiftung, Temperatio-Stiftung, Singenberg-Stiftung, Fondation de bienfaisance Jeanne Lovioz, Graf Fabrice, von Gundlach und Payne Smith-Stiftung, Margarethe und Rudolf Gsell-Stiftung, Karl Mayer Stiftung, Steffen Gysel-Stiftung für Natur- und Vogelschutz, Wolfermann-Nägeli-Stiftung, Karl Schopfer-Fonds, Werner Hasenböhler Stiftung, IWB Industrielle Werke Basel, Stiftung Dreiklang für ökologische Forschung und Bildung, Goethe-Stiftung für Kunst und Wissenschaft, Trinum Stiftung für Trinationalen Umweltschutz, Parrotia-Stiftung und Däster-Schild Stiftung. BirdLife Schweiz und seine Partnerorganisationen bedanken sich sehr herzlich für die wichtige und grosszügige Unterstützung.

Förderung von Wendehals und Gartenrotschwanz im Tessin

Im Tessin fördern die Ficedula und BirdLife Schweiz seit 2009 gefährdete Arten des Kulturlands – nämlich Steinkauz, Zwergohreule, Wiedehopf, Wendehals, Gartenrotschwanz und Zaunammer – sowie den Ziegenmelker an angrenzenden Waldstandorten. Zusammen mit zahlreichen Landwirten konnten bereits Tausende von Sträuchern und Hunderte Bäume gepflanzt werden. Wichtig sind auch die Kleinstrukturen, die errichtet wurden. Noch stärker gefördert werden sollen in den nächsten Jahren insektenreiche Lebensräume wie Blumenwiesen, Buntbrachen und andere.
Das Projekt wird grösstenteils von privaten Geldgebern finanziert, erhält aber auch einen Beitrag vom Kanton Tessin und vom Fonds Landschaft Schweiz FLS. Die privaten Geldgeber sind: Erlenmeyer-Stiftung, Graf Fabrice, von Gundlach und Payne-Smith-Stiftung, Hildegard und Hans Schaefer Stiftung, liechtensteinische Stiftung, Stiftung für den Papagei, Temperatio-Stiftung und Zigerli-Hegi-Stiftung. BirdLife Schweiz und Ficedula bedanken sich sehr herzlich für die wichtige und grosszügige Unterstützung.

 

Die Estnische Gesellschaft in der Schweiz

Die Estnische Gesellschaft in der Schweiz wurde vor 65 Jahren gegründet und verbindet in der Schweiz wohnhafte Esten, deren Familienangehörige und Freunde Estlands. In der Schweiz wohnen ca. 400 Estinnen und Esten, die dieses Jahr das 100-jährige Jubiläum der Unabhängigkeit der Republik Estland mit einem Sonderprogramm feiern. Weitere Infos dazu: www.estonia100switzerland.com.

 

BirdLife Schweiz in Kürze

BirdLife Schweiz hat rund 65'000 Mitglieder und ist der Dachverband von 20 Kantonalverbänden und 450 lokalen Natur- und Vogelschutzvereinen. Er setzt sich als vielseitiger Naturschutzverband für die Erhaltung und Förderung der Natur im Wald, Kulturland und Siedlungsraum ein, insbesondere auch für die Vögel und ihre Lebensräume. Er führt Projekte zum Schutz gefährdeter Arten und Lebensräume in der Schweiz und weltweit durch. Ebenso engagiert er sich in der Ausbildung und mit seiner Zeitschrift Ornis und den beiden Naturschutzzentren in La Sauge am Neuenburgersee und im Neeracherried im Kanton Zürich in der Motivation einer breiten Bevölkerung für den Naturschutz. Mehr erfahren Sie unter www.birdlife.ch.

 


Weitere Auskünfte

  • Dr. Raffael Ayé, Leiter Artenförderung, BirdLife Schweiz, 076 308 66 84, raffael.aye@birdlife.ch
  • Mirjam Loertscher, Präsidentin, Estnische Gesellschaft in der Schweiz, 079 377 41 56, estoswiss@gmail.com