Position von BirdLife Schweiz – Dezember 2022
Vom 6. bis am 19. Dezember findet die 15. Vertragsstaatenkonferenz der Biodiversitätskonvention in Montreal, Kanada, statt. Eigentlich hätte sie im Oktober 2020 im chinesischen Kunming abgehalten werden sollen. Wegen Corona wurde sie aber mehrfach und um mehr als zwei Jahre verschoben. China hat noch immer die Präsidentschaft inne und wird zusammen mit Gastgeber Kanada auf einen Erfolg hinarbeiten. Und ein Erfolg ist dringend nötig. Weltweit sind bis zu einer Million Arten vom Aussterben bedroht; das ist jede achte Art. Lebensräume und Ökosysteme sind beeinträchtigt. Dadurch nehmen für die Menschheit enorm wichtige Ökosystemleistungen mehr und mehr ab, wie beispielsweise der Schutz vor Erosionen und Überschwemmungen oder die Bestäubung landwirtschaftlicher Kulturen.
Es gibt in der Wissenschaft einen breiten Konsens, dass wir gerade in eine tiefe Biodiversitätskrise schlittern; es droht ein sechstes Massenaussterben, verursacht durch den Menschen. Dieses Wissen ist jedoch bisher kaum in der Politik angekommen und auch in der Bevölkerung noch zu wenig verbreitet. Noch immer gibt die Politik kurzfristigen wirtschaftlichen Interessen regelmässig den Vorzug gegenüber ausbalancierten, längerfristigen Lösungen – entgegen jeglicher Vernunft. Die Vertragsstaaten sollen im Dezember einen globalen Biodiversitätsrahmen mit messbaren Zielen zum Schutz der Biodiversität verabschieden. Vier Oberziele und 20 konkrete Ziele stehen im Entwurf. Schwerpunkte sind unter anderem die Wiederherstellung zerstörter oder beeinträchtigter Ökosysteme, die Bereitstellung von genügend Schutzgebieten unter dem Titel «30-by-30» (30 % der Landesflächen bis 2030) und die Eindämmung der Treiber für den Biodiversitätsverlust. Aber diese wichtigen Ziele sind noch nicht beschlossen. Ganz im Gegenteil: Über 1000 Klammern im Text markieren Diskussionspunkte, die noch verhandelt werden müssen.
Die Länder des Südens wollen vom reichen Norden mehr finanzielle Unterstützung. Die EU und wichtige EU-Mitgliedstaaten sind bereit, sich stärker zu engagieren und haben eine Verdoppelung ihrer Mittel angekündigt. Die Schweiz hingegen hat bisher keine Erhöhung der Mittel zugesagt. Die Verhandlungen zu den eigentlichen Biodiversitätsthemen werden zudem von den parallel geführten Verhandlungen über die Nutzung genetischer Ressourcen und den zugehörigen Vorteilsausgleich beeinflusst.
Eigentlich ist Scheitern bei dieser Konferenz verboten – und doch kann es nicht ausgeschlossen werden. Derweil geht in der Natur das Sterben weiter. BirdLife engagiert sich in der Konferenz auf unterschiedlichen Ebenen: BirdLife International wird mit mehreren Expertinnen und Experten teilnehmen, BirdLife Schweiz vertritt die Umweltallianz in der offiziellen Schweizer Delegation. Ob es reichen wird?