Gartenrotschwanz ist Vogel des Jahres 2009: Gefährdet durch Klimawandel und intensive Landwirtschaft

Medienmitteilung des Schweizer Vogelschutzes SVS/BirdLife Schweiz vom 2. Februar 2009

Der farbenfrohe Gartenrotschwanz ist der Vogel des Jahres 2009 des Schweizer Vogelschutzes SVS/ BirdLife Schweiz. Ohne Wandel in der Landwirtschaft stirbt einer der schönsten Vögel der Schweiz aus. Der SVS fordert mehr abwechslungsreiche Obstgärten und Parks mit alten, höhlenreichen Bäumen als Nistgelegenheit sowie mehr lückige, extensiv genutzte Wiesen mit vielen Insekten. Der Gartenrotschwanz ist ein Zugvogel. Er braucht auch auf seinem 6000 Kilometer langen Weg von der Sahelzone in die Schweiz und im afrikanischen Winterquartiert gute Lebensräume.
 
Der Gartenrotschwanz ist einer der prächtigsten und buntesten Kleinvögel der Schweiz. Der Name kommt vom rostroten Schwanz und vom einst bevorzugten Aufenthaltsort, dem Garten. Rostrot ist ebenfalls die Brust, die mit dem schwarzen Gesicht, der weissen Stirn und dem grauen Mantel kontrastiert. Das Weibchen ist einheitlich braun mit rostrotem Schwanz. Vom ähnlichen Weibchen des häufigen Hausrotschwanzes lässt es sich dank der rotbraunen (statt graubraunen) Färbung unterscheiden.

Gefährdungen durch Verlust der Hochstammobstbäume, Intensivwiesen und Dürre
Bis in die 50er Jahre war der Gartenrotschwanz häufiger anzutreffen als sein nächster Verwandter, der Hausrotschwanz. Nun ist er auf der Roten Liste der gefährdeten Arten. Zwei Faktoren führten zu einer massiven und schnellen Abnahme. Die Intensivierung der Landwirtschaft und die verheerende Fällaktion von Hochstamm-Obstbäumen des Bundes in den 60er Jahren zerstörten den Lebensraum dieses farbenprächtigen Vogels zu grossen Teilen: Von den ursprünglich 15 Millionen Hochstamm-Obstbäumen gibt es noch deren 3 Millionen. Auch das Überbauen von noch freien Flächen hat Lebensraum zerstört.

Der zweite Faktor sind Veränderungen im Überwinterungsgebiet des Gartenrotschwanzes. Die Dürreperiode in der Sahelzone von 1968 bis 1974 setzte nicht nur den dort lebenden Menschen zu, sondern ebenso dem Vogel des Jahres. Dokumentiert ist der drastische Rückgang des Gartenrotschwanzes in der Schweiz beispielsweise in der Gemeinde Horgen (ZH): Dort nisteten 1965 insgesamt 45 Paare, 1975 waren es gerade noch 9 und im Jahr 2008 wurden 6 Paare des einst häufigen Vogels gezählt.

Schutzmassnahmen für Lebensraum
Der Lebensraum des Gartenrotschwanzes sind Obstgärten, Pärke, Waldränder und Waldlichtungen. Der Gartenrotschwanz ernährt sich hauptsächlich von Spinnentieren, Bodeninsekten und deren Larven. Meistens erspäht er diese von einer Sitzwarte (Zaun, Bohnenstange, Baumast) aus und erbeutet sie im Rüttelflug. Er nimmt aber auch Nahrung vom Boden auf. Er ist daher auf offene, lichte Bodenflächen mit spärlicher, niedriger Vegetation angewiesen. In dichten, hohen, intensiv bewirtschafteten Fettwiesen gibt es weniger Insekten und der Vogel sieht seine Nahrung kaum mehr. In abwechslungsreicheren grenznahen Gebieten im Ausland finden sich mehr Gartenrotschwänze als auf dem intensiv genutzten Land auf der Schweizer Seite.

Ideal ist ein Mosaik von vegetationsfreien und bewachsenen, extensiv genutzten Flächen mit Bäumen. Verschiedene Kleinstrukturen (Totholz, Ast- und Steinhaufen, Trockenmauern) erhöhen die Vielfalt im Kulturland und sind so ideale Jagdgebiete, nicht nur für den Gartenrotschwanz. Dieser nimmt auch gerne Nistkästen mit grossen Einfluglöchern und hellem Innenraum an, wenn Naturhöhlen fehlen.

Kleiner Vogel mit grosser Leistung – Gefahr durch Klimawandel
Der rund 14 Zentimeter grosse Gartenrotschwanz ist ein Zugvogel, der im April in der Schweiz eintrifft und sich gegen August/September wieder auf den Weg ins Winterquartier in den Savannen West- und Zentralafrikas aufmacht. Auf der 6000 Kilometer langen Reise sind die Vögel immer wieder auf gute Rastplätze angewiesen, wo sie neue Energie für den Weiterflug tanken können. Normalerweise erreichen die Gartenrotschwänze das Winterquartier nach Ende der Regenzeit, wo sie im neuen Grün der Savanne reichlich Insekten vorfinden. Herrscht in diesem Gebiet Dürre, so sterben auch viele Gartenrotschwänze. Der Klimawandel könnte mit mehr Dürren in den Winterquartieren zu einer zusätzlichen Gefährdung des Gartenrotschwanzes führen.