Seit diesem Jahr gilt die Grauammer gemäss der neuen Roten Liste in der Schweiz als «vom Aussterben bedroht». Diese Hochstufung ist traurig und leider nicht überraschend. Kam die Grauammer Ende der 1990er-Jahre mit 400 bis 600 Brutpaaren fast im ganzen Mittelland vor, steht sie heute mit gerade noch etwa 50 Brutpaaren am Rand des Aussterbens. Die zwei verbliebenen «grösseren» Populationen befinden sich heute im Kanton Genf und im Grossen Moos, wo sie BirdLife Schweiz mit dem Artenförderungsprojekt vor dem Aussterben bewahren will.
Seit 2015 fördert BirdLife die Art mit spezifischen Massnahmen. Zum einen wird ein Mosaik aus speziellen Grauammer-Buntbrachen und neu eingesäten grossflächigen Extensivwiesen geschaffen, zum anderen werden Hoch- in Niederhecken umgewandelt. Die Schaffung verschiedener Sitzwarten und insbesondere der gezielte Schutz der einzelnen Nester seit 2018 sind ebenfalls Bestandteile des Schutzprojekts.
Nach einem sehr schlechten Jahr 2021 ohne Bruterfolg musste für dieses Jahr mit dem Schlimmsten gerechnet werden. Entgegen allen Erwartungen kann das Brutjahr 2022 jedoch als kleiner Lichtblick betrachtet werden: Infolge eines schweizweiten Einfluges von Grauammern besiedelten 40 Sänger das Grosse Moos. Daraus entstanden 21 Brutpaare; 11 Bruten waren erfolgreich. Besonders erfreulich ist die Tatsache, dass auch die Kiebitzförderflächen bei den Grauammern Anklang finden: Drei erfolgreiche Bruten konnten in diesen speziell für die Kiebitze eingesäten Rotationsbrachen festgestellt werden.
Diese Zahlen genügen zwar noch längst nicht, um den schweizweiten Negativtrend zu stoppen, zeigen aber auf, dass die realisierten Massnahmen zu funktionieren scheinen. Ohne den Einsatz von BirdLife Schweiz, den Partnern und den vielen Freiwilligen ist nicht auszumalen, wie es sonst um die Grauammer im Grossen Moos stehen würde.
November 2022