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Vogel des Jahres 2003: Stieglitz

Der Stieglitz (Carduelis carduelis) oder Distelfink ist der Vogel des Jahres 2003 von BirdLife Schweiz. Einzeln stehende Bäume und Samen tragende Pflanzen sowie Brachen, Säume, Hochstamm-Obstgärten in der Kulturlandschaft, Ruderalflächen und Naturgärten im Siedlungsraum sind wichtige Lebensraumelemente für den Distelfinken. Die Kampagne «Kleinstrukturen – Lebensnetze der Natur» will diese Landschafts- und Lebensraumelemente fördern.

Bunt wie ein Clown

Der Stieglitz ist die bunteste der einheimischen Finkenarten: er zeigt eine rote Gesichtsmaske, die am Kopf und an den Halsseiten weiss eingerahmt ist, einen weissen Bürzel und eine breite, gelbe Binde, die quer durch die schwarzen Flügel verläuft. Der kräftige Samenfresser-Schnabel ist lang und spitz. Dieser eignet sich speziell für das Herauspicken von Samen.

Geschwätziger Gesang

Aus dem Kontaktruf «stiglitt», mit dem sich Distelfinken im Flug und beim Nahrungserwerb verständigen, leitet sich ihr zweiter Name »Stieglitz» ab. Der Gesang ist ein lebhaftes Zwitschern und Trillern, im Wesentlichen eine dauernde Wiederholung des Kontaktrufes.

In der Schweiz verbreitet

Zwischen 20'000 und 50'000 Brutpaare leben in der Schweiz: von den Niederungen bis etwa 1300 m ü. M. In den letzten Jahren eroberte der Distelfink zunehmend auch höhere Lagen bis 1600 m ü. M. Der Bestand schwankt recht stark, ohne einen eindeutigen Trend zu zeigen.

Überwinterung in der Schweiz nimmt zu

Unsere Stieglitze sind Kurzstreckenzieher und überwintern grösstenteils in Südfrankreich. Begünstigt durch milde Winter der letzten Jahre nimmt der Anteil bei uns überwinternder Stieglitze zu; vor allem in der Westschweiz, im Sottoceneri und den trockenen, sonnigen Alpentälern. Mehrheitlich handelt es sich dabei um Männchen, die mit ihrem etwas längeren Schnabel die Samen der Wilden Karde, einer wichtigen Winternahrung, besser nutzen können.

Vielfältige Landschaften mit Kleinstrukturen

Hochstamm-Obstgärten mit einer extensiven Unternutzung sowie grosse Unkraut- und Ruderalflächen mit verschiedenen Sträuchern erfüllen die Lebensraumansprüche der Stieglitze am besten. Sie brüten auch in Kiesgruben, Parks, alten Gärten, Friedhöfen, Rebbergen, Alleen, an Waldrändern und Flussufern, wenn in der Nähe Ruderalstandorte vorhanden sind. Oft sind sie auch im Siedlungsraum zu beobachten.

Kleines Nest auf dünnen Zweigen

Das Stieglitzen-Weibchen baut ein kunstvolles Nest in den äussersten Zweigen freistehender Bäume. Ende April bis Mai legt es vier bis sechs Eier, die von ihm während knapp zwei Wochen bebrütet werden. Den Nestlingen werden vorverdaute Sämereien und kleinere Insekten wie Blattläuse verfüttert. Vielfach führt der Distelfink eine zweite Brut durch.

Gesellige Futtersuche

Der Stieglitz verteidigt nur die unmittelbare Nestumgebung gegen Artgenossen. Nestgruppen von drei bis fünf Paare sind nicht selten. Da Sämereien räumlich und zeitlich sehr ungleichmässig verteilt sind, suchen Stieglitze gemeinsam in der Umgebung nach Nahrung und Futter.

150 Pflanzenarten dienen als Nahrungsquellen

Gerne pickt der Stieglitz die Samen aus Disteln und Bäumen wie Birken und Erlen, doch ist er ein Generalist und nutzt über 150 Pflanzenarten. Der Stieglitz frisst eine Pflanze bis auf wenige Samen leer, bevor er zur nächsten fliegt.