Der Eisvogel, Vogel des Jahres 2006 von BirdLife Schweiz, ist ein wahres Juwel unter unseren einheimischen Vogelarten. Dank seiner hübschen Erscheinung und seiner faszinierenden Lebensweise ist er so populär und beliebt wie kaum eine andere Vogelart – und doch ist sein Bestand in der Schweiz bedroht. BirdLife Schweiz setzt sich im Rahmen seiner Kampagne Biodiversität für den Erhalt seiner Lebensräume und die Neuschaffung von Nistgelegenheiten ein.
Der bedrohte Fischer
Der Eisvogel ernährt sich fast ausschliesslich von Fischen. Diese erbeutet er, indem er sich von einer Warte aus kopfüber ins Wasser stürzt. Die Beute wird anschliessend mit dem Kopf voran heruntergeschluckt. Pro Tag benötigt der Eisvogel 14-25 kleine Fische von 4 bis 8 Zentimetern Länge. Er bevorzugt dabei keine bestimmte Fischart, sondern erbeutet die häufigsten oder die am leichtesten zu erbeutenden Arten seines Lebensraumes. Die unverdaulichen Fischknochen werden als Gewöll wieder ausgewürgt. Der Eisvogel wurde früher als Fischräuber verfolgt, gehört heute aber zu den geschützten Arten. Er ist im Rahmen des Artenförderungsprogrammes Vögel Schweiz eine der 50 Prioritätsarten.
Bedrohter Lebensraum
Das ganze Jahr über besiedelt der Eisvogel mässig schnell fliessende oder stehende Gewässer wie Bäche, Flüsse, Altarme, Stauseen, Kiesgrubenweiher und Seen. Die wichtigsten Anforderungen an seinen Lebensraum sind ein reicher Kleinfischbestand, klares Wasser und genügend Sitzwarten wie ¥ste, Schilf oder Steine. Im Sommer ist er zudem auf ungestörte, offene Steilwände als Brutwände angewiesen. Das Kanalisieren von Bächen und Flüssen und die Gewässerverschmutzung brachten den Eisvogel auf die Rote Liste. Die Zerstörung seiner Lebensräume ist die wichtigste Gefährdungsursache. Der Schutz des Eisvogels und seiner Lebensräume ist dringlich. Bestehende Lebensräume und Brutwände müssen unbedingt erhalten werden.
Höhle als Kinderstube
Um seine Jungen aufzuziehen, gräbt der Eisvogel 40-80 Zentimeter lange, leicht ansteigende Brutröhren in senkrechte, offene Steilwände. Der Nistplatz liegt idealerweise direkt am Wasser, manchmal aber bis zu einem Kilometer davon entfernt. Ganz zuhinterst in der Röhre, in einem ausgeweiteten Brutkessel, legt das Weibchen 4-6 Eier und brütet diese während etwa 3 Wochen aus. Die Jungvögel verlassen die Brutröhre nach 23-28 Tagen und werden danach noch einige Tage von den Altvögeln gefüttert. Zwei bis drei Bruten im Jahr ermöglichen es dem Eisvogel, Verluste durch Hochwasser und kalte Winter rasch auszugleichen. Die erste Brut beginnt oft schon Anfang März. Menschliche Störungen in der Nähe der Brutwand stellen ein grosses Problem dar und können zur Aufgabe einer Brut führen.
Schutz von Lebensräumen
Wichtig für den Eisvogelschutz ist, dass Lebensräume mit einer eigenen Dynamik erhalten bleiben oder neu geschaffen werden. Hochwasser sollen wieder Prallhänge anreissen, Kiesbänke aufschütten und Altläufe bilden können. Dazu brauchen Gewässer viel Raum. Raum wird, wie jüngste Erfahrungen gezeigt haben, auch im Hochwasserschutz immer wichtiger. Überhaupt kann im Rahmen des Hochwasserschutzes viel für den Eisvogel und den Erhalt seiner Lebensgrundlagen getan werden. Steilwände über der Hochwasserlinie, Buhnen, neugeschaffene Flachwasserzonen, Störsteine im Wasser, Raubäume und ingenieurbiologische Massnahmen, die für Unterstände und für Bewuchs der Ufer sorgen, bieten nicht nur Nistmöglichkeiten und Warten für den Eisvogel, sondern auch Lebensräume für die Fischfauna.
Bau von Brutwänden
Geeignete Brutwände für den Eisvogel sind heutzutage rar. Der Eisvogel nimmt aber künstlich abgegrabene, sandig-lehmige Brutwände gerne an, sofern sie in einem potenziellen Bruthabitat liegen, etwa 3-5 Meter breit sind und mindestens 1,5 Meter über den Hochwasserspiegel ragen. Künstlich hergestellte Brutwände samt Niströhren sollten gut in die Umgebung eingepasst werden, damit sie keinen Anziehungspunkt für Menschen und Tiere bilden.