Der Mauersegler, Vogel des Jahres 2005 von BirdLife Schweiz, verbringt fast sein ganzes Leben in der Luft. Einzig zum Brüten benötigt er Hohlräume unter Dächern und Ziegeln, in Rollladenkästen oder in Nistkästen. Die Kampagne «Kleinstrukturen» hat die Erhaltung und Förderung solcher Strukturen auch im Siedlungsraum zum Ziel.
Der Luftakrobat
Von der ersten Sekunde nach dem Ausfliegen an lebt der circa 16-17 cm grosse, schwarzbraune Mauersegler fast 1 Jahr lang in der Luft. Sein Körper ist mit den langen, schmalen Flügeln (Spannweite 40 cm), der aerodynamischen Spindelform und einem breiten Schnabel vorzüglich an das Luftleben angepasst. Sein Blut weist ein spezielles Hämoglobin auf, welches die vermehrte Aufnahme von Sauerstoff ermöglicht. Damit können Mauersegler ohne Probleme in Höhen von 1000-3000 Metern fliegen. Sie erreichen auf dem Zug eine Geschwindigkeit von 40, bei Flugspielen über 100 und maximal sogar 200 Stundenkilometern.
Die Luft als Lebensraum
Mauersegler suchen sich ihre Nahrung ausschliesslich fliegend. Gezielt sammeln sie aus dem reichen Insektenangebot Blattläuse, Käfer, Fliegen, Spinnen oder – in Afrika – Termiten. Die Nahrungszusammensetzung hängt stark von den örtlichen Gegebenheiten, dem Wetter und der Jahreszeit ab. Die Nahrung für die Nestlinge wird in einem Kehlsack gesammelt und nur periodisch ans Nest gebracht. Bei günstigen Bedingungen füttert ein Paar über 20 000 Insekten pro Tag. Auch Nistmaterial wie dünne Halme, Fasern und Federn wird in der Luft aufgeschnappt und danach mit Speichel zu einer flachen Mulde verklebt.
Nicht brütende Mauersegler sammeln sich abends und nächtigen gegen den Wind fliegend in grossen Höhen in aufsteigender, warmer Luft. Dabei schlagen sie so wenig wie möglich mit den Flügeln und ruhen sich so aus. Bei stärkerem Wind werden sie verdriftet. Auch bei schlechtem Wetter machen Mauersegler Ausweichflüge von mehreren hundert Kilometern und kehren erst bei Wetterberuhigung an den Brutplatz zurück. Die Jungvögel können solche Zeiten mit einem Hungerschlaf (Torpor) überdauern. Sie reduzieren die Körpertemperatur und die Atemfrequenz und sparen so Energie. Diesen Zustand können sie 1-2 Wochen überleben.
Zum Brüten in den Norden
Ausserhalb der Brutzeit streunen die Mauersegler im südlichen Afrika umher, indem sie, den Regenzeiten folgend, das reiche Insektenangebot während der «grünen Zeit» in Afrika nutzen. Ende Februar machen sie sich auf den Rückflug nach Europa und treffen Ende April, Anfang Mai bei uns ein. Mit ihrem lauten «srih»-Ruf künden sie bei uns den Sommer an. Bereits Anfang August ziehen sie wieder nach Süden.
Gefragte Nistplätze
Hohe Häuser, Brücken und Kirchtürme sind die Brutorte des schnittigen Fliegers. Mauersegler sind Koloniebrüter, d.h. es brüten mehrere Paare nahe nebeneinander, aber in getrennten Bruträumen. Ein Mauersegler bleibt der einmal gewählten Bruthöhle ein Leben lang treu. Bis zu 21 Jahre am selben Nistplatz sind nachgewiesen. Hohlräume unter dem Dach, in Rollladenkasten oder unter Ziegeln sind begehrte Nistplätze. Das Weibchen legt 2-3 weisse Eier in die flache Nestmulde. Nach 18-20 Tagen schlüpfen die Jungen. 6-8 Wochen lang bleiben sie im Nest. Diese Zeit nutzen sie, um ihre Muskulatur zu stärken, da sie unmittelbar nach dem Verlassen des Kastens für etwa ein Jahr ununterbrochen fliegen werden. Am auffälligsten sind die Mauersegler, wenn sie am Abend in der Nähe des Nistplatzes gruppenweise in raschem Tempo um die Hausecken sausen und dabei laut rufen.
Schutz bestehender Nistplätze
Die grösste Gefährdung erwächst den Mauerseglern aus der Zerstörung ihrer Brutplätze bei Renovationen. Oftmals wissen die Hausbesitzer gar nicht, dass sie fliegende Untermieter haben, oder es ist ihnen egal, was aus den Mauerseglern wird. Hier kann eine Kartierung der Nistplätze im Dorf und eine Information der Hausbesitzer und des Bauamtes der Gemeinde über die Mauersegler und ihre Brutplätze sehr hilfreich sein, um Notfalleinsätze auf dem Baugerüst zu vermeiden. Falls eine Renovation während der Brutzeit nicht umgangen werden kann, muss unbedingt darauf geachtet werden, dass Ersatzkästen auf der genau gleichen Höhe wie die bestehenden Einschlupflöcher aussen am Gerüst aufgehängt werden und dass die angestammten Nistplätze am Haus durch die Renovation nicht zerstört werden.
Förderung des Mauerseglers durch Nisthilfen
In der Umgebung von bestehenden Mauerseglerkolonien werden Nistkästen gerne angenommen. Es kann allerdings einige Jahre dauern, bis sie belegt werden, da die Mauersegler sehr ortstreu sind. In der Zwischenzeit soll man die Kästen hängen lassen, auch wenn sie von Haussperlingen oder Staren belegt werden. Falls ein Mauersegler an einem solchen Kasten Interesse hat, wirft er die vorhandenen Mieter hinaus. Bei Neubauten können Niststeine direkt eingebaut werden.
Weitere Informationen
Weitere Infos zur Förderung des Mauerseglers und Materialien finden Sie hier:
Bilder: Erich Kaiser, BirdLife Schweiz