Internationales Jahr der Biodiversität – Tag der Biodiversität 22. Mai 2010: Bundesrat missachtet schleichende Biodiversitätskrise

Medienmitteilung des Schweizer Vogelschutzes SVS/BirdLife Schweiz vom 22. Mai 2010

Die Schweiz ist in einer schleichenden, aber darum nicht weniger deutlichen Biodiversitätskrise. Die Wissenschaft bilanziert, dass unser Land noch nicht einmal die Talsohle erreicht hat. Der Schweizer Vogelschutz SVS/BirdLife Schweiz fordert vom Bundesrat, dass er endlich Farbe bekennt und aufzeigt, dass die Schweiz die Biodiversitätsziele bei weitem verfehlt hat. Seit Jahren ist der Bundesrat mit entsprechenden Berichten in Verzug! Und der Bundesrat soll darlegen, was er gegen den Verlust an Biodiversität tun will. Bevölkerung, Wirtschaft und einzelne Kantone haben im laufenden Internationalen Jahr der Biodiversität die Bedeutung der biologischen Vielfalt für das tägliche Leben und die Zukunft der Menschheit erkannt und engagieren sich immer stärker. Umso stossender ist es, dass die Politik die schleichende Biodiversitätskrise missachtet.

Neuste wissenschaftliche Fakten der Akademie der Naturwissenschaften Schweiz zur Entwicklung der Biodiversität seit 1900 zeigen: Die Artenvielfalt hat hierzulande rasant abgenommen, besonders stark in den Talgebieten. In dieser umfassenden und bisher grössten Studie zur Artenvielfalt in der Schweiz, die als über 400 Seiten starkes Buch erschienen ist, kommt das Forum Biodiversität zum Schluss, dass mit einer geringen und weiterhin abnehmenden Biodiversität verschiedene überlebenswichtige Leistungen wie die Abpufferung von Klimaänderungen, die Reinigung des Wassers oder die Erholungsfunktion langfristig nicht mehr garantiert sind.

Bericht seit über einem Jahr fällig
Am Bundesrat scheinen diese Fakten weitgehend vorbei zu gehen. Vor acht Jahren hatte sich die Schweiz verpflichtet, bis 2010 den Biodiversitätsverlust zu stoppen. Der Bundesrat müsste endlich bekannt geben, dass die Schweiz nach seiner Einschätzung diese Ziele nicht erreicht hat und was er kurz- und mittelfristig tun will, um den weiter fortschreitenden Biodiversitätsverlust zu stoppen.

Längst überfällig ist auch der Bericht des Bundesrates über die Umsetzung seiner Verpflichtungen aus der Biodiversitätskonvention. Er hätte ihn im März 2009, also vor mehr als einem Jahr, vorlegen müssen. Die Schweiz hat nicht einmal den vorhergehenden Bericht abgeliefert, zu dem sie sich ebenfalls verpflichtet hatte.  Der Schweizer Vogelschutz SVS/BirdLife Schweiz begrüsst, dass die Schweiz endlich ihre Biodiversitätsstrategie erarbeitet. Das entspricht einer mindestens fünfzehnjährigen Verpflichtung, kann aber nicht der Grund sein, alle anderen nötigen Arbeiten auf die lange Bank zu schieben.

Denn die Bevölkerung und Wirtschaft haben gerade im laufenden Internationalen Jahr der Biodiversität die Bedeutung der biologischen Vielfalt für das tägliche Leben und die Zukunft der Menschheit erkannt. Eine Zwischenbilanz des Biodiversitätsjahres nach gut einem Drittel seiner Dauer zeigt, dass bereits hunderte von Veranstaltungen stattgefunden haben und bei der Bevölkerung auf grosses Interesse stossen. Die verschiedensten Organisationen und die Grossverteiler überbieten sich an Aktivitäten für die Biodiversität, mit denen sie gegenüber ihrer Kundschaft ihr Engagement für die Natur und Artenvielfalt unter Beweis stellen.

Auch verschiedene Kantone, Städte und Gemeinden haben die Bedeutung der Biodiversität erkannt und handeln. So führen Kantone wie Luzern und Genf oder Städte wie Bern, Zürich oder Neuenburg zum Internationalen Jahr der Biodiversität zahlreiche eigene Aktionen durch. Umso weniger verständlich ist die Weigerung des Bundesrates, mit der Sicherung der Biodiversität endlich vorwärts zu machen.
  

Den Link zum Buch zum Zustand der Biodiversität in der Schweiz finden sie hier: www.biodiversity.ch/d/publications/der_wandel_der_biodiversitaet/index.php

Den Link zum noch fehlenden 4. Bericht der Schweiz zur Umsetzung der Biodiversitätskonvention finden Sie hier (111 Staaten haben ihn abgeliefert):
www.cbd.int/reports/

Die Schweiz hat übrigens nicht einmal den 3. verlangten Bericht zum Zustand der Biodiversität abgeliefert, der von 150 Staaten vorliegt.

Die Berichte 3 und 4 der Staaten zuhanden der Biodiversitätskonvention bilden die Grundlage für das Standardwerk zum Stand und zur Zukunft der Biodiversität «Global Biodiversity Outlook 3»
http://gbo3.cbd.int/