Schweizer Ackerflächen brauchen mehr Biodiversität

Medienmitteilung von BirdLife Schweiz vom 5.3.2024

Der Nationalrat stösst Bevölkerung und Bundesrat vor den Kopf. Mit dem Entscheid zur Abschaffung der sogenannten Acker-BFF verhindert er dringend notwendige Massnahmen für mehr Biodiversität in der Landwirtschaft. Die Biodiversitätsförderung stellt einen zentralen Bestandteil des faktischen Gegenvorschlags zu den Pestizid-Initiativen dar.

Der Nationalrat lehnte heute die Standesinitiative Genf (22.314) auf Antrag seiner Kommission diskussionslos ab. Damit setzt er den vorläufigen Schlusspunkt im politischen Drama um Biodiversität auf Ackerland. Der entscheidende Akt fand jedoch am vergangenen Mittwoch statt. Mit 94 zu 89 Stimmen befürwortete der Nationalrat die Motion Grin (22.3819) und warf damit die im Dezember 2022 beschlossene Einführung von 3.5 % Biodiversitätsförderflächen im Ackerland wieder über den Haufen – eine politische Kehrtwende ohne jegliche Faktengrundlage. Nachdem in den vergangenen zwei Jahren drei gleichlautende Vorstösse vom Parlament abgelehnt wurden, erachtet nun eine Mehrheit aus SVP, Mitte und Teilen der FDP die Massnahme noch vor ihrer Einführung als unnötig. Besonders stossend an diesem Entscheid ist, dass gleichzeitig eine Vernehmlassung mit konkreten Vorschlägen zur «Verbesserung» dieser Massnahme läuft. Letzteres forderte das Parlament vom Bundesrat im Dezember 2023 mit Annahme der Motion Friedli (23.3846).

Die Schweizer Landwirtschaft engagiert sich zwar mit Biodiversitätsförderflächen, die natürlichen Lebensgrundlagen zu erhalten. Allerdings sind diese Flächen qualitativ und quantitativ noch nicht genügend und/oder liegen an wenig geeigneten Standorten. Besonders gravierend ist die Situation auf Schweizer Ackerflächen. Während die Wissenschaft aufzeigt, dass es für den Erhalt der Biodiversität mindestens 5% Biodiversitätsförderflächen auf Ackerland braucht, ist in der Praxis nicht einmal die Hälfte davon erreicht. Dabei profitieren erwiesenermassen nicht nur Flora und Fauna, sondern auch die Landwirtschaft von entsprechenden Massnahmen. So erhöhen klug verteilte artenreiche Biodiversitätsförderflächen die Bestäubungsleistungen und reduzieren den Schädlingsdruck in benachbarten Kulturen.

«Aus fachlicher Sicht ist klar, dass die bisherigen Biodiversitätsförderflächen im Ackerland bei Weitem nicht ausreichen, um die typischen Pflanzen- und Tierarten und die langfristige Funktionsfähigkeit der Agrarökosysteme zu bewahren», sagt Jonas Schälle, Projektleiter Landwirtschaft von BirdLife Schweiz. «Die 3,5 % BFF auf Ackerfläche sind ein Kompromiss, den wir zugunsten einer mehrheitsfähigen Lösung mitgetragen haben.», so Schälle weiter. Tatsächlich haben sich viele Bäuerinnen und Bauern auf die neue Situation bereits vorbereitet. Doch dann wurde die Einführung der 3.5% zweimal um ein Jahr verschoben. «Dass nun die 3.5% ganz auf dem Spiel stehen, ist unverständlich und verstösst gegen Treu und Glauben», erklärt Schälle.

BirdLife Schweiz setzt sich gemeinsam mit progressiven Kräften der Land- und Ernährungswirtschaft dafür ein, dass das Parlament sein Versprechen für einen besseren Schutz der Artenvielfalt hält. Dieses Versprechen ist Teil des Gesamtpakets, welches von Parlament und Bundesrat als inoffizieller Gegenvorschlag zu den Pestizid-Initiativen geschnürt wurde. Das Geschäft geht in der nächsten Runde in den Ständerat. Es ist zu hoffen, dass dieser sich an das Versprechen gegenüber der Bevölkerung erinnert und beschliesst, die 3.5% BFF auf Ackerfläche nach den langen Verzögerungen nun endlich einzuführen.
 

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Auskünfte

Jonas Schälle, Projektleiter Landwirtschaft, BirdLife Schweiz, Tel. 079 375 03 23, jonas.schaelle@birdlife.ch