Dezember / Januar
Haare aus Eis
Wie von Zauberhand haben sich über Nacht auf abgestorbenen Laubholzästen filigrane Eisstrukturen gebildet. Sie wachsen wie weisse, lockige Haare zwischen aufgerissener Rinde heraus – es sieht aus wie in einem Märchenwald. «Haareis» heisst das seltene und faszinierende Naturschauspiel. Damit es zustande kommt, müssen die Voraussetzungen perfekt stimmen. Meist tritt das geheimnisvolle Phänomen nach Regen auf, wenn die Luftfeuchtigkeit hoch ist und die Temperatur über Nacht knapp unter null Grad fällt. Anders als bei Raureif wachsen die Eisstrukturen nicht an der Spitze, sondern – wie Haare – am Grund aus dem Holz heraus. Verursacher ist vermutlich die Rosagetönte Gallertkruste (Exidiopsis effusa), ein winteraktiver Pilz, der auf abgestorbenen Laubholzästen wächst. Durch den Stoffwechsel dieses Pilzes entstehen Gase, die das Wasser aus dem feuchten Holz verdrängen. Möglicherweise sorgen chemische Stoffe des Pilzes dafür, dass das austretende Wasser nicht einfach flächig anfriert, sondern sich in feinsten Fäden auskristallisiert. Hinter dem Phänomen verbergen sich diverse chemische und physikalische Rätsel, die sich bis heute nicht restlos lüften liessen. (Bild: Bernhard Malorny/fotocommunity.de)
Zänkische Rotkehlchen
Neugierig und scheinbar ohne Scheu kommen uns Rotkehlchen im Winterhalbjahr erfreulich nah. Jetzt ist auch ihr melancholisch perlender Gesang wieder zu hören – ein Ausdruck ihres harten Überlebenskampfs. Die untereinander so zänkischen Rotkehlchen grenzen nämlich auch im Winter ihre Reviere gegenüber ihren Artgenossen ab. Kommt hinzu, dass im Winter die meisten Rotkehlchen bei uns nur zu Gast sind. Denn während über 90 Prozent «unserer» Rotkehlchen in den Süden ziehen, übernehmen hier Artgenossen aus dem Norden die Stellung. Die nordischen Wintergäste stammen oft aus dünn besiedelten Gebieten. Sie sind vermutlich auch deshalb weniger scheu, weil ihnen schlechte Erfahrungen mit Menschen fehlen.(Bild: jagdi/pixabay.com)
Spanische Wegschnecken im Winter
Die eingewanderte Spanische Wegschnecke erobert erfolgreich Gärten und Felder – zum Schrecken von deren Besitzern. Viele hegen die Hoffnung, dass über den Winter der eine oder andere Schneck erfrieren möge. Die gute Nachricht vorweg: Spanische Wegschnecken können sich nur einmal in ihrem Leben fortpflanzen und entwickeln nur eine Generation pro Jahr. Erfolgreich verpaarte Schnecken sterben Ende Jahr; unverpaarte können den Winter überdauern. Die schlechte Nachricht: Jede Schnecke – es sind ja Zwitter – legt nach der Paarung 200 bis 400 Eier ab. Oft schlüpfen die etwa ein Zentimeter kleinen Babyschnecken noch im Herbst und verkriechen sich in der Erde oder unter der Laubstreu. Manchmal überwintern sie auch als Ei. Sie sind überraschend zäh und ertragen Temperaturen von bis zu -2 °C. Die nächste Schneckengeneration ist also gesichert; ab Februar wird sie in den Gärten schlemmen. (Bild: Insubria/pixabay.com)
Kühle Füsse, warmes Herz
Warum bekommen eigentlich Wasservögel keine schmerzlich kalten Füsse? Und wieso schmilzt ihnen das Eis nicht unter den Füssen weg? Die Antwort liegt in einer genialen Gegenstromanlage in den Beinen der Vögel. Das Vogelherz pumpt das rund 40 °C warme Blut über die Arterien in den ganzen Körper. Über die Beinarterien fliesst das sauerstoffreiche, warme Blut in die Füsse; in den Beinvenen fliesst das sauerstoffarme, ausgekühlte Blut zum Herzen zurück. Da diese beiden Gefässe direkt nebeneinander liegen und das Blut je in entgegengesetzter Richtung fliesst, kann zwischen den beiden Blutgefässen maximal viel Wärme ausgetauscht werden. Das arterielle Blut kühlt sich am venösen Blut von rund 40 °C bis auf etwa 1 °C ab, während sich das venöse Blut am arteriellen Blut wieder aufwärmt, sodass es schliesslich mit fast 40 °C zurück in den Körper kommt. Dieser Wärmeaustausch im sogenannten Wundernetz bringt gleich mehrere Vorteile: Der Körper bleibt warm, da der Wärmeverlust über die Füsse extrem minimiert wird. Die kalten Füsse schmerzen nicht, weil sie stets durchblutet bleiben und damit mit Sauerstoff versorgt sind. Und weil die Füsse unten kalt sind, taut das Eis darunter nicht; so besteht auch keine Gefahr des Anfrierens.
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